Epochen in Indien

Epochen in Indien

 

Die Maurya-Dynastie – das buddhistische Indien

Im dritten Jahrhundert vor Christus etablierte sich die erste Dynastie, die über-indische Herrschaftsansprüche entwickelte. Die Maurya-Könige weiteten ihr Reich, ausgehend von Magadha im heutigen Bihar, in alle Himmelsrichtungen aus. Vieles was von ihnen überliefert ist, stammt aus literarischen, poetischen oder folkloristischen Quellen – Theaterstücke, religiöse Texte etc.

Hinduismus dominierte zwar zu Beginn der Dynastie noch im Subkontinent, aber aus Sri Lanka kam der Jainismus (zu dem sich Chandragupta Maurya, der fleißigste Eroberer der Mauryas bekannte – von ihm wird erzählt, dass er sich nach einem Leben voller Eroberungen und Blutvergießen am Ende seines Lebens eine religiöse Buße auferlegte und sich, den Regeln der Jains folgend, rituell zu Tode fastete) und im Norden begann sich der kastenverachtende Buddhismus zu entwickeln.

Der bekannteste Herrscher dieser Zeit ist Ashoka. Ashoka übernahm ein weitgehend etabliertes Reich, das sich im Westen bis nach Persien und im Süden bis ins nördliche Kerala erstreckte und beinahe alles an Land, das heute zu Indien gehört, umfasste. Ashoka konvertierte zu Lebzeiten zum Buddhismus und seine Biographie ist stark von buddhistischen Legenden gefärbt. Ausschlaggebend für seine Konvertierung war die Schlacht von Kalinga, einem kleinen vom Maurya Reich noch unabhängigen Teil des heutigen Orissa. Zutiefst berührt von der sinnlosen Gewalt, die Ashoka bei dieser Eroberung sah, begann er Eroberungen und Gewalt in Frage zu stellen. Er regierte sein Reich unter den Prinzipien des Buddhismus, befriedete es und suchte trotz militärischer Überlegenheit keine weiteren Feldzüge gegen seine Nachbarn. Ashoka war bekannt bis nach Ägypten und Griechenland, wo von ihm ausgesandte Mönche den Westen zum ersten Mal mit buddhistischen Lehren in Berührung brachten.

Im ganzen Land ließ er Ashoka Säulen errichten, Kapitäle mit vier Löwen die in die vier Himmelsrichtungen blicken, und auf ihnen die Grundlagen seiner Gesetze inskribieren. Die sogenannten Säulen-Edikte kann man heute noch über den Subkontinent verstreut finden. Zudem versuchte er den Landbesitz gerecht zu gestalten, errichtete Schulen, Krankenhäuser und tatsächlich auch Tierhospitäler. Sein Ziel war die Verbreitung des Dhamma, des buddhistischen Konzepts von sozialem Miteinander.

Die wichtigsten buddhistischen Pilgerstätten wie Bodhgaya, Lumbini, Varanasi und Sarnath enstanden zu dieser Zeit, ebenso wie die beeindruckende Stupastadt namens Sanchi.

Der letzte Herrscher der Mauryas war Ashokas Enkel, der von seinem General ermordet wurde, woraufhin der seine eigene Dynastie gründete. Das Reich war aber bereits im Zerfallen und für lange Zeit danach gab es nur mehr regionale Herrscherhäuser und der Buddhismus musste über kurz oder lang aus Indien in den Norden und Osten flüchten.

In der langen Periode zwischen den buddhistischen Mauryas und den muslimischen Mogulen wurde Nordindien von unterschiedlichsten Dynastien beherrscht. Gandahara, das Reich im Nortwesten, das heute die Istan-Staaten und Persien ausmachen, war eine prä-Maurya Dynastie, die sich geographisch allerdings nie annähernd so weit ausbreiten konnte. Sie machte im 1. Jahrhundert vor Christus persischer Herrschaft Platz. Nach dem Zusammenbruch der Mauryas und in Folge der Feldzüge von Alexander dem Großen gab es dort sogar eine kurze Indo-Griechische Herrschaft von der auch heute noch die Behauptungen vieler Bergstämme von Iskender (Alexander) abzustammen zeugt. Die Parthen und die Skythen, zwei wanderlustige Kulturen an der Grenze des römischen Reiches und die Vorfahren der Völker die wir heute als Puffer zwischen Asien und Europa sehen, drangen weiter nach Indien vor und herrschten eine lange Zeit über den Nordwesten des Landes. Diese Epoche brachte viele griechische Einflüsse nach Indien, vor allem in der Skulptur – viele buddhistische Statuen aus dieser Zeit besitzen einen deutlichen klassischen Einschlag. Satraps, weit gewanderte Herrscher aus Persien regierten damals in der geographischen Mitte Indiens. Die parthische und skythische Kultur wurde im 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung von der Kushan Kultur überrannt (wobei solche Wechsel an Herrschern und Dynastien glücklicherweise sehr selten kulturelles Progrom sondern immer langwieriger Übergang und Vermischung bezeugen), die aus der selben Region stammte, aber mehr persische und starke hellenistische Einflüsse aufwieß.

  Das Kushan Reich hatte Kontakte bis nach Rom und China, spaltete sich allerdings im 5. Jahrhundert mit dem Tod des letzten bedeutenden Herrschers in zwei Hälften – die eine wurde im Nordwesten vom Sassanidenreich besiegt, die andere im Punjab von der aufkommenden Gupta Dynastie. Im Nordwesten regierten die Sassaniden und später die Kidariten als Ausläufer der Kushan Kultur während sich das Gupta Reich schnell in Nord- und Zentralindien etablierte.

  Im Gegensatz zu den Herrschern aus dem Nordwesten, die starke religiöse Diversität aufwiesen (Buddhismus, Saivismus, Jain, Hindu, Manichäismus, Zoroastrismus, Mischformen mit hellenistischem Polytheismus), waren die Gupta eine Hindu Dynastie. Nach derzeitigem historischen Stand ist über die Gesellschaft und die Herkunft der Gupta relativ wenig bekannt. Manche Historiker bringen sie mit Nepal in Verbindung, andere mit unterschiedlichen innerindischen Kasten. Sie waren religiöst tolerant und unterschiedlichste Kunst wurde unter ihnen gefördert (so entstanden beispielsweise die berühmten Wandgemälde von Ajanta und Ellora in der Guptazeit). Die Ziffer 0 und das Schachspiel werden ebenfalls den Guptas zugeschrieben, genauso wie die Niederschrift eines der berühmtesten indischen Texte, des Kama Sutra. Ebenso stammen die Yoga Sutras von Patanjali aus dieser Zeit. Man bezeichnet die Gupta Regentschaft gerne als das klassische Zeitalter für buddhistische wie hinduistische Kunst, es ist aber bis heute nicht bestätigt ob all diese Errungenschaften tatsächlich unter den Guptas oder in der Zeit zwischen den Mauryas und Guptas ins Leben gerufen wurden. Im Nationalmuseum in Delhi findet man für die Zeit vom 2. Jhdt. n. Chr. bis zum 3. Jhdt. n. Chr. Vitrine um Vitrine vollgefüllt mit geprägten Münzen. Die stellen die Hauptquelle für alle archäologischen und historischen Vermutungen dar.  

  Sowohl die Kultur im Norwesten als auch die Guptas fielen im 8. Jahrhundert den marodierenden Hunnen zum Opfer, die bis nach Zentralindien vordrangen.

  In dieser Zeit spaltete sich Nordindien, wie so oft, in eine Vielzahl von Regionalreichen auf. Im Nordwesten, in der Gegend des heutigen Pakistan und Afghanistan (Gandhara und Kabulistan) regierten Dynastien aus Zentralasien, die teilweise aber auch buddhistischen und hinduistischen Glaubens waren. Die prä-muslimische Gesellschaft der Region war scheinbar ein wilder und immer interessanter Mischkessel an Kulturen. Sie mussten sich vor allem gegen persische und türkische Herrschaftsansprüche aus dem Westen erwehren. In Nordindien war Harsha oder Harshavardhana der einzige König, der sich Zeit seines Lebens die Regentschaft über ein Reich sichern konnte, das sich von Küste zu Küste zog, aber seine buddhistisch geprägte Dynastie ging mit ihm unter. Die Gurjara-Pratiharas tauchten zum ersten Mal im 6. Jahrhundert auf und konnten sich bis ins 11. Jahrhundert erhalten, wobei sie ein Imperium schufen, dass es mit dem weitreichenden Gupta Reich durchaus aufnehmen konnte. Ausgangspunkt ihres Reiches war das heutige Rajasthan und sie stellten die letzte Bastion gegen die einfallenden muslimischen Armeen dar, wurden im 11. Jahrhundert aber besiegt. Ein Klan der Rajputen, die Solanki, begründeten eine umfassende hinduistische Dynastie in Gujarat – die Rajputen waren seit Indiens Frühgeschichte und vor dem Aufkommen der Siks der am meisten kämpferische Klan und konnten ihren Bestand gegen viele Invasoren behaupten.

   Im 7. Jahrhundert rief der Prophet Mohammed seine Religion in Mecca aus und begann noch zu Lebzeiten die Grundsteine des ersten muslimischen Reiches zu legen. Die ersten Muslimen, die in Indien als Eroberer auftraten waren die Ghaznawiden, eine türkisch-muslimische Dynastie die bis in den Punjab vorstießen, wo sie auf die Gurjara-Pratiharas trafen.

  Das Pala Reich, das in Bengalen im 8. Jahrhundert seinen Ausgang nahm, war eines der weitreichendsten buddhistischen Königreiche des Mittelalters. Es erstreckte sich von Afghanistan, bis zum Deccangebirge im Süden und im Osten bis hin nach Bhutan. Die Pala erhielten und verbreiteten die Mahayana Tradition des Buddhismus bis nach Tibet und nach Bhutan, wo man sie bis heute praktiziert. Die Pala wurden schließlich von der Sena Dynastie, einer hochkastigen Hindu-Dynastie, die in Bengalen mächtiger wurde und von den Feldzügen der Muslimen besiegt. Ihr folgte die Deva Dynastie, die als die letzte unabhängige Hindu Dynastie vor der muslimische Herrschaft gilt.

  Muhammad Ghori führte die muslimischen Eroberungen nach den Ghaznawiden weiter, eroberte Teile von Gujarat und sein General Qutb-ud-din Aibak drang bis nach Delhi vor, eroberte die Stadt und begründete das Delhi Sultanat, die erste muslimische Dynastie mit weiten Herrschaftsansprüchen über den Subkontinent. Die erste, kurzlebige Dynastie war die Sklaven Dynastie – die Ghaznaviden waren ursprünglich türkische Sklaven, die sich  durch Eroberungen ihrerseits zu Herrschern aufschwangen – danach gab es eine schnelle Abfolge der unterschiedlichsten muslimischen Dynastien, die beinahe alle in Delhi bis heute hin sichtbare Spuren hinterlassen haben. Qutb-ud-din ließ die Qutb Minar errichten, die Tuqluq Dynastie hinterließ die heute stark vernachlässigte Ruinenstadt Tuqluqabad im Osten von Delhi, and die Lodi Dynastie erinnern die Lodi Gärten und die beiden ruinösen Grabmale, die heute von jungen Paaren besucht werden.

  Ein Herrscher an einem muslimischen Hof zu sein hieß sich ständiger Gefahr auszusetzen. Das Sultanat musste sich gegen Widerstände aus dem Nordwesten und dem Süden behaupten, ebenso wie gegen Intrigen in den eigenen Reihen. Neunzehn der fünfunddreißig Sultane wurden ermordet. Eine muslimische Zentralverwaltung in so unruhigen Zeiten zu etablieren war keine leichte Aufgabe – Fragen der militärischen Macht und des Handels traten hier in den Vordergrund. Urdu, die persische Sprache und Schrift die lange Zeit als die Sprache der indischen Hochkultur galt wurde damals erstmalig eingeführt.

  Die muslimischen Sultane weiteten ihr Machtgebiet auch in den Süden, in das Gebiet jenseits des Deccangebirge aus. Das ist eine gute Gelegenheit, sich die Reiche Südindiens anzusehen, die sich aufgrund ihrer geographischen Lage beinahe unabhängig von der Gangesebene entwickeln konnten.

 

Reiche des Südens

Eine der ersten Dynastien des Südens die in Aufzeichnungen genannt und durch Münzfunde bekannt sind, sind die Satavahanas. Sie begannen als ein Teilstaat des Maurya Imperiums, konnten sich aber nach dessen Niedergang als unabhängiges Reich etablieren. Sie kämpften mit den Nachfolgereichen der Mauryas und ihr Reich umschloss das Zentralplateau im Deccangebirge, ziemlich genau in der Mitte des Subkontinent. Die Regierungsform war eine Mischung aus vedischen Riten und buddhistischen Einflüssen und ihre Existenz erstreckt sich vom 2. Jhdt. v. Chr. bis etwa 200 nach Christus. Das Schicksal der Satavahanas war das Schicksal vieler indischer Reiche – nach einer Periode der Expansion und dem Tod eines starken Herrschers war der Nachfolger schwach, die Zentralregierung brach zusammen und die Teilstaaten rebellierten.

  Weiter im Süden zeigt sich ein kulturell etwas harmonischeres Bild. Vier Dynastien, die Pandyas, die Cholas, Cheras und Pallavas, regierten die Region, die heute Kerala und Tamil Nadu umfasst. Man fasst die südlichen Kulturen für gewöhnlich unter dem Namen Dravidier oder Tamilen zusammen – ihre Kultur ist vollkommen frei von muslimischen Einflüssen und teilt sich mehr mit den Kulturen, die wir aus der Geschichte von Südostasien kennen. Ihre Herrscher waren Hindu, Buddhisten und Jain. Die von ihnen überdauernden Tempel verdienen zumeist eher die Bezeichung Skulpturen als Gebäude – wie Statuen sind viele dieser Felsentempel in einen Felshang gehauen anstatt Stück für Stück errichtet zu werden.

Bis ins 15. Jahrhundert teilten sich diese vier Dynasten die Herrschaft und das Land – wenn gekämpft wurde, so kämpften die vier untereinander. Man vermutet, dass die Pandyas, Cholas und Cheras seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. existiert haben. Im 3. Jhdt. n. Chr. gab es eine kurze Periode des Interregnums, als ein Klan aus dem tieferen Süden die drei Dynastien verdrängte und maginalisierte. Die Kalabhras, über die so gut wie nichts bekannt ist, regierten den Süden bis sie von den Pallavas und den neuerstarkten Pandyas niedergeschlagen wurden.

  Von 6. bis zum 12. Jahrhundert regierte an der Westküste die Chalukya Dynastie – man vermutet dass sie von Gurjars, der halbnomadischen Hirtenkaste, errichtet wurde. Ihre Hauptstadt war Karnataka und sie beherrschten einen Großteil des Dekkanplateaus. Dort schufen sie eine Kultur in der sich nord- und südindische Einflüsse mischten. Telugu, bis heute die Sprache Karnatakas, entwickelte eine bedeutende Literatur und viele der noch heute bekannten Tänze finden sich in Grundzügen bereits unter den Chalukyas. Ihre Herrschaft überscheidet sich mit jener der Rashtrakuta Dynastie, dere Sprache Kannada war (der Süden ist bis heute sprachlich stark unterschieden) und deren Reich sich bis nach Maharashtra erstreckte, wo sie die Höhlenmonumente von Elephanta und Ellora errichteten.

  Die Cholas überlebten weiter im Norden und tauchten erst im Mittelalter wieder auf. Sie errichteten ein neues Reich, das sich bis nach Südostasien und Indonesien zog und sich im 12. Jahrhundert auch auf Sri Lanka ausdehnte. Im 13. Jahrhundert zerfiel ihr Reich und die Pandyas nahmen die Vormachtstellung im Süden. Die Pandyas besaßen eine bedeutende Literatur, waren geschickte Perlentaucher und schufen sich ein umfassendes Handelsnetzwerk, konnten sich nach einem langen Konflikt mit den Cholas aber nur kurz behaupten bevor muslimische Truppen aus dem Delhi Sultanat (nun unter Muhammad bin Tughluq, der sich mit Tughluqabad eine der vielen Inkarnationen Delhis zum eigenen Gedächtnis errichten ließ) bis in den Süden vorstießen und die Stadt Madurai, die Hauptstadt der Pandyas, eroberten und dort ein Sultanat aufbauten. 

  Die Muslimen besiegten die geschwächten Chalukyas und die Pandyas, stießen aber in den Hosalyas auf vehementen Widerstand. Diese Dynastie schloss sich mit einigen kleineren südlichen Reichen zu dem letzten rein hinduistischen Großreich des Südens zusammen, das nach ihrer Hauptstadt Vijayanagara genannt wurde. Vijayanagara lag in der Gegend des heutigen Hampi und hielt bis ins späte 17. Jahrhundert den Widerstand gegen die Sultanate im Dekkan aufrecht.

Mogulenreich

Die Mogulen waren eine islamische Dynastie. Knapp nach der Etablierung des Islam als Religion begannen religiös motivierte Feldzüge, ausgehend aus Zentralpersien. Immer wieder stießen Armeen bis nach Indien vor und deren Herrscher, getrieben vom Ziel des religiösen Sieges (nicht immer der Konvertierung) strebten danach, ihren Machtbereich zu vergrößern. Die Dynastie, die sich schließlich in Indien festsetzte und die lokalen Herrscher besiegte, waren die Mogulen. Ihr Reich expandierte und schrumpfte, je nach dem militärischen Geschick und Drang des Herrschers, aber ganz Indien brachten sie niemals unter ihre Herrschaft. Stück für Stück wuchsen Sultanate in Indien heran, die alle zentral von den Großmogulen regiert wurden. Sie etablierten eine streng hierarchische Bürokratie und zogen ihre Steuern hauptsächlich aus einem feudalen Landbesitzersystem, wie beinahe alle Kulturen Nordindiens vor ihnen. Neben den Grenzkämpfen im Süden waren es vor allem Intrigen, die den Mogulen das Leben schwer machten.

Akbar war ein getriebener Eroberer, ein strategisches Genie, dem die Moghulen die meisten ihrer Eroberungen verdanken – seine späten Nachfahren waren dynastische Verwalter und beschwören Bilder des orientalischen höfischen Lebens herauf. Humayun, beispielsweise, war ein Kalligraph und Poet, opiumsüchtig und prunkliebend und ein Förderer der Künste und Liebhaber der Astrologie. Die meisten der bekannten Monumente entstammen der Mogulenherrschaft. Der Taj Mahal wurde von Shah Jahan, einem der Großmoghulen, zur Erinnerung an Mumtaz Mahal Begum, die Lieblingsfrau aus seinem Harem, errichtet, die im Kindsbett gestorben war. Auch Shahjahanabad, heute Alt-Delhi, wurde von diesem Herrscher errichtet. Fatepur Sikri, heute in Ruinen, wurde von Akbar als alternativer Herrschaftssitz in Auftrag gegeben.

Der Niedergang der Großmogulen kam mit der Ankunft der Briten – aber schon zuvor löste sich der Hofstaat auf. Hochrangige Berater und Militärs verließen den geschwächten Herrscher und schwangen sich auf, ihre eigenen Reiche zu beherrschen und zu vergrößern. Bestehen blieb die Dynastie bis ins 19. Jahrhundert, wenn auch mehr in symbolischer Form. Bahadur Shah Zafar II. war der letzte Mogulenherrscher. Während dem indischen Aufstand in 1857 wurde er von einem Mob kurz wieder als Herrscher über ganz Indien ausgerufen, als der Aufstand aber niedergeschlagen wurde, wurde er nach Yangon deportiert wo er wenig später im Exil verstarb.

Der Pfauenthron und der Koh-i-noor Diamant gelten als Sinnbilder der Mogulenherrschaft und des mit ihr einhergehenden Prunks. Auf ihren Flaggen war zumeist ein Fisch zu sehen.

 Der Raj – die britische Herrschaft

Die Briten kamen als eine Handelskompanie nach Indien und für eine lange Zeit hatten alle ihre Eroberungen und politischen Ränkespiele auf dem Subkontinent eine klare merkantile Linie. Von einer unabhängigen Handelsgesellschaft wandelten sich die Briten binnen weniger als einhundert Jahren in eine Kolonialmacht (dabei bedienten sie sich strategischer und wirtschaftlicher Tricks, finanzierten ihre Eroberungen durch die Annexion von Provinzen und dem Tribut ihrer Nawabs, den untergebenen Lokalherrschern) und, nach den Aufständen von 1857, wurden die Handelsgesellschaft ganz und gar von der britischen Krone ersetzt.

Zuerst waren es Briten, Franzosen, Portugiesen und Holländer, die sich in kleinen Küstenkolonien niederließen und Handelszentren aufbauten. Später begannen die Länder ihre innereuropäischen Kriege auf den Subkontinent auszuweiten und Teile Indiens unter wirtschaftliche und politische Kontrolle zu bekommen. Generell kann man sagen, dass die indischen Lokalherrscher zu einem großen Teil vor der demonstrierten Überlegenheit der Briten katzbuckelten (mit Ausnahmen der Marathas, Mysore, der Sikhs und Rajputen, die lange heftigen Widerstand leisteten und die Briten oft an den Rand einer kompletten Niederlage brachten, nicht zu vergessen die afghanischen Stämme, die den Briten schmerzlichste Niederlagen bereiteten) und die disziplinierteren Armeen ihnen einen Vorteil verschafften. Unter den Briten war vor allem die Organisation des Militärs bedeutend. Viele hochkastige Inder wurden als Sepoys in die britische Armee rekrutiert und ausgebildet – eine große Zahl der britischen Feldzüge wurden fast ausschließlich von solchen Sepoys geführt.

Die Briten in Indien waren zu einem Gutteil aus der Oberschicht und taten ihr Bestes um auf den klassischen britischen Komfort auch in Indien nicht verzichten zu müssen. Gotische Gebäude wie der Bahnhof von Kolkata oder diverse christliche Kirchen zeugen immer noch von diesem Willen die eigene Kultur im Ausland zu rekreieren. Die Charaktere der bedeutenden und mächtigen Leute im Raj waren ganz unterschiedlich – manche waren Karrieristen oder Militärs und sahen den Posten in Indien als eine Möglichkeit sich zu brillieren, andere waren ernsthaft an der fremden Kultur interessiert und arbeiteten auf eine kulturelle Koexistenz hin, andere hielten die Überlegenheit der Europäer für eine unbestreitbare Tatsache und wieder andere „went native“, konvertierten mit Mann und Maus und wurden Muslime.

Der Raj blieb offiziell bis 1947 bestehen, bis der innerpolitische Druck in Europa zu groß wurde und die Kolonien finanziell nicht mehr tragbar waren, aber schon zuvor war klar, zu einem großen Teil durch die Bemühungen von idealistischen Politikern wie Mahatma Gandhi, Motilal und Jawaharlal Nehru und Muhammad Ali Jinnah, dass Indien mehr als bereit für die Unabhängigkeit war. Man wurde sich in Indien zusehends der Rolle, die England in der Welt spielte bewusst und sah, dass die Macht der Eroberer an allen Ecken begann zu zerbröckeln. Die machthabenden Briten in Indien hatten sich seit dem 19. Jahrhundert vollkommen von den Einheimischen isoliert und versuchten krampfhaft eine europäische Infrastruktur zu errichten. Viele ihrer Bemühungen waren sicher zum Vorteil der Inder, aber heute weint niemand mehr dem Raj auch nur eine Träne nach.

1947 – Unabhängigkeit

Spannungen zwischen Muslimen und Hindus dominieren die Jahre vor der Unabhängigkeit. Muhammad Ali Jinnah wird zum Rädelsführer der muslimischen Interessen und verlangt einen muslimischen Staat – Pakistan wird konzipiert und unter enormen Schwierigkeiten geboren. Schon im 19. Jahrhundert hatten die Briten unter Gouverneursgeneral Dalhousie versucht Bengalen in eine muslimische und eine hinduistische Hälfte zu teilen – die Teilung musste nach erheblichen Unruhen zwei Jahre später wieder aufgehoben werden. Nun aber fielen die Briten als Kontrollmacht ganz aus dem Bild, zeichneten aber trotzdem die Grenzen zwischen den beiden Staaten. Ein weitaus größeres, weitaus riskanteres Projekt. Als die Partition, die Teilung, schließlich fast abrupt ausgerufen wird, stürzt ganz Nordiniden ins Chaos – Muslime reisen überstürzt aus Delhi und aus dem Punjab Richtung Nordwesten, Hindus und Sikhs flüchten aus dem Sind nach Delhi und in den Punjab. Eine Unmenge an Blutvergießen zwischen Muslimen und Hindus war das „Abschiedsgeschenk“ der Briten.

Viele der Probleme die Indien heute noch plagen (Muslim/Hindu Spannungen, der Kashmir Konflikt) lassen sich genau auf die Partition zurückführen – sie ist der Punkt an dem indische Geschichte plötzlich lebendig und voller spürbare Konsequenzen wird.

Mohandas Gandhi gibt den Indern durch seinen unbeirrbaren Idealismus die ideale Figur sie durch das Chaos der Teilung und die Neugeburt ihrer Nation zu führen. Schon bei dem Kampf um Unabhängigkeit hatte er mit seiner Idee von satyagraha, passivem Widerstand, eine Schlüsselrolle gespielt, die ihm den Namen Vater der Nation einbrachte. 1948, ein Jahr nach der Unabhängigkeit, wird er von einem muslimischen Attentäter erschossen.

Kashmir and civil war

Since the partition the situation in Kashmir has been problematic. The population is predominantly Muslim and during the Partition, which meant to create a Muslim and a Hindu state, Pakistan and Hindustan, the Himalayan regions were given the choice where they wanted to belong. The Kashmiri ruler, a Muslim who relied heavily on Hindu support wavered and finally decided to join India, even though the majority of Kashmiris were Muslim. He was counting on large-scale support from India, but when the Pakistani army began to move across the border, that support never materialized and he fled. Ever since then the border is heavily contested, opposing armies have been launching mortars at each other for thirty years and more. Sometimes there are heavy skirmishes. It has become a political point now, since neither country can safely concede anything without losing face. Of course losing face is a laughing matter for the people who really suffer and have suffered through two generations – the people and villagers of Kashmir. What is a matter of words and economics in Delhi and Karachi, is a matter of blood in Kashmir. The estimates about how many people have lost their lives in the conflict escalate into the tens, maybe hundreds of thousands.

In 1989 a large group of Muslim separatists began to revolt against New Delhi and Indian rule in the province. It seemed only natural to revolt against a country where Muslims are a minority that is hated by a large part of Hindus. Unwilling to lose the province, New Delhi began to send in soldiers. The army was now no longer just fighting Pakistani military, but separatists from their own country. The result is an ongoing conflict without answers and without much hope for resolution. The separatists demand a Muslim state, either independent or as part of Pakistan. India has traditionally taken a hardliner approach to such demands, reasoning that if you give in to one, others might follow. It is an old and unresolved fear about the cohesiveness of India, which despite assurances to the contrary is not a given. There have been many separatist movements, especially in the border region with Pakistan and the ongoing obsessions about the border and the border regions from both sides show the fear of instability.

For the people of Kashmir instability is not a fear as hasn’t been for a long time. It is a way of life. People can be abducted and killed for no reason at all, by Muslim separatists and their supporters or by the Indian army. They are caught between two powerful groups and their paranoia and fear of each other with almost no way out. Recent reports about unmarked mass graves found near villages confirm suspicions of massive, hushed-up war crimes.

In India Kashmir is often excluded from debate. To even bring it up makes you a pariah and a non-nationalist. Can you not look at the achievements instead?

Maybe it is a leftover of the British authorities that they drew the borders and left the Indians to sort out the problems – almost all the regions where massive problems are ongoing until this day show where the geographic and socio-political scalpel of the Partition and previous exploitation has cut deepest.

Mystiker und Kriegslords – die schwindelerregende Geschichte von Neu Delhi

Nach einem etwas wilderen Einstieg setzt aber bald Faszination ein.

Als Stadt sagt man Delhi nach, dass sie von allen indischen Megastädten am wenigsten Charakter hat. Die meisten Besucher der Stadt verlassen sie mit dem dubiosen Kompliment, dass Delhi nicht ganz so furchtbar ist wie Chennai. Backpacker, die ihre seltsamen Ranglisten auf Städte in ganz Asien ausgedehnt haben, lassen Delhi immer im untersten Drittel rangieren. Delhi besitzt weder den Bombast und die schier überwältigenden Dimensionen von Mumbai, mit zwölf Millionen Einwohnern die größte Megalopole der Welt, noch die kulturelle Prägung und relative Entspannung von Kolkata.

Delhi ist heiß, stickig, hoffnungslos chaotisch und wenn man über die Stadt spricht beginnt man meistens, so wie ich, sich für sie zu entschuldigen.

Wobei man der Stadt damit eigentlich Unrecht tut. Was der Stadt an Freundlichkeit fehlt, das gleicht sie mit einer fast schwindelerregenden Tiefe aus. Delhi zu kennen ist nicht einfach, vielleicht sogar unmöglich, aber der Besucher erhält immer wieder überraschende und erschreckende Einblicke, Fenster und Türen, die sich einen Moment lang öffnen, und schon ist man gefangen. Man will mehr wissen. Während Rom auf den Ruinen der Vorgängerstädte erbaut wurde, ist Delhi einfach neben oder mitten in ihren zerstörten Inkarnationen wieder aufgetaucht. Delhi ist wie kaum eine andere Stadt der Geschichte überlaufen und eingenommen, zerstört und wieder aufgebaut worden. Wenn umtriebige Stämme und Heerscharen in Indien einfielen war das erste an das sie dachten, sich Delhi unter den Nagel zu reißen und somit die nordwestliche Ebene zu kontrollieren. Die heutige Stadt ist eigentlich die siebte oder achte Inkarnation von Delhi.

Zu der Zeit in der Mythos und Geschichte ineinanderfließen, da stand Indraprastha, die legendäre und uneinnehmbare Paradiesestadt der Pandavas, nahe dem Ort am dem wir heute Delhi finden. Das utopische Indraprastha, das man in den Zeilen des Mahbharata findet, klingt zutiefst faszinierend. Das Mahabharata erzählt das Epos der Pandavas, fünf Geschwister, alle verheiratet mit der selben Frau, Draupadi, und wie sie diese Frau und ihre Blutfehde und den Krieg gegen den verfeindeten Clan der Kauravas gewinnen. Die Stadt Indras, gegründet mit Hilfe des Gottes Krishna, ist ein Ort voller Mangobäume, Palmen, Badehäusern – die asiatische Utopie, die man heute in teuren Resorts finden kann.  Zu einem gewissen Zeitpunkt wandern die Helden – oder ihre Sprösslinge – aus den mythischen Zeilen und werden in den unterschiedlichsten Aufzeichnungen gefunden – aus Mythos wird langsam aber sicher Geschichte. Ein hinduistischer Klan, die Dhillon, gründeten das erste historisch belegte Delhi. Es war damals die Hauptstadt eines lokalen Klans und blieb das für lange Jahre, verblieb in relativer Ruhe und Unwichtigkeit (viel wichtigere Dinge passierten damals, wie wir schon gehört haben, östlich von Delhi). Einfallende Stämme wie die Hunnen oder die Griechen auf Alexanders Götterzug drangen zwar bis nach Gujarat vor, aber wenn sie es schafften die schneebedeckten Pässe zu überleben und die reißenden Flüsse zu überqueren, verloren sie sich zumeist in den Wäldern, wanderten demotiviert und durstgeplagt in Wüsten oder fielen den unbekannten und besorgniserregenden Krankheiten der Fremde zum Opfer.

Aber nichts hält ewig und auch die widristen geographischen Gegebenheiten lassen sich, wenn nicht auf einmal, so doch über mehrere Generationen überwinden. Im Mittelalter wurde Delhi den Hindus entrissen als eine islamische Armee, die sogenannte Sklaven Dynastie bis zum Yamuna Fluss vorstieß und die Mauern von Delhi überrannte. Das unglückliche Schicksal der Hindu Dynastie hieß aber auch ein glücklicheres Schicksal für die Stadt an sich: nun war Delhi als ein Machtzentrum der muslimischen Herrscher ein wichtiger Knotenpunkt, über die nächsten fünfhundert Jahre wurden von den unterschiedlichen dynastischen Herrschern weitere Inkarnationen Delhis gegründet.

Die ersten muslimischen Eroberer ließen eine gewaltige Moschee errichten, die Qutb Minar, deren Ruinen man heute im Süden von Delhi besichtigen kann. Dort hebt sich heute noch ein dominierender Gebetsturm und man kann inmitten der Gerippe alter Bauten und zwischen indischen Familien und westlichen Touristengruppen den Geistern der Vergangenheit lauschen.

Tugluqhabad war die erste städtische Befestigung der Muslime. Heute ist es eine gewaltige, leere Ruine im Osten der Stadt. Der verfallene Stein wirkt so roh wie der Name klingt – ein gewaltiges Fort, so trutzig wie die Bauten im heutigen Rajasthan. Darin findet man Zwiebeltürme und eingestürzte Prunkhallen, die zwar den muslimischen Charakter besitzen, aber weit weniger fein und beeindruckend wirken als ihre Nachfolgebauten.

Unter den Mogulen erreichte Delhi seine Hochblüte. Die Bauten aus dieser Zeit sind weltweit bekannt und gelten in vielen Fällen als unübertroffene Wunder der Architektur. Man sagt allgemeinhin, dass die Mogulen – eine muslimische Dynastie, die sich der Abstammung von Timur und Genghis Khan behaupten konnte – Delhi zu ihrer Hauptstadt machten. Einige der Mogulen waren allerdings als „Zeltmonarchen“ bekannt, das heisst sie pflegten trotz heftiger Bautätigkeit keine fixe Hauptstadt, sondern zogen samt Zelten, Hofstaat und Leibgarde durch ihr Herrschaftsgebiet. Obwohl dem ersten Mogulkaiser Akbar in mehreren Städten Prunkbauten errichtet wurden, heißt es von ihm, dass er lieber seine Zelte im Hof oder vor der Stadt aufgestellt hat und dort einen typisch mongolischen Hof hielt.

Humayun, der Sohn von Akbar, errichtete die Purana Qila, ein massives Fort, den zentralen Teil der von ihm erträumten Stadt Dinpanah – dem Refugium der Gläubigen. Er hatte die Stadt als einen Ort konzipiert, wo muslimische Gelehrte aller Glaubensrichtungen zusammenkommen und unter den Fittichen des Kaisers studieren und debattieren konnten.

Shah Jahan, Akbars Enkel, hielt es anders. Er prägte das Bild Delhis mit zwei Gebäuden, die bis heute nichts von ihrer Anziehung verloren haben und hielt einen prunkvollen Hof in Delhi und im nicht weit entfernten Fatehpur Sikri. Die Altstadt Delhis heißt bis heute Shahjahanabad, die Stadt des Shah Jahan. Es fällt leicht, die Stadtmauer im Getümmel der alten Stadt zu übersehen, ist sie doch einer der chaotischten Teile von Delhi.

Zurück in der Gegenwart schießt die Rikshaw um eine Kurve und durch eines der sieben Tore, die zu Shah Jahans Zeiten in alle Richtungen seines Reiches offen standen und alle Strassen zu seinem Thron führten. Für einen ahnungslosen Beobachter wirken die Strassen von Alt-Delhi leicht wie ein menschlicher Ameisenhaufen – es scheint kein Ende an Menschen zu geben und es fällt schwer überhaupt Details auszumachen. Bevor man seine Eindrücke ordnen kann, ist man meist schon auf der Chandni Chowk, der weiten Strasse, welche die beiden prägenden Gebäude Shah Jahans, das Rote Fort und die Jama Masjid, die Freitagsmoschee, miteinander verbindet. Zu Zeiten als das Reich der Mogulen schrumpfte und Delhi und das Land um Delhi zu ihrem Hauptbesitz zählte, gab es die prachtvollsten Höfe und Umzüge in der Stadt. Das Rote Fort blieb bis 1857 in Händen der Mogulen und war bis dahin auch bewohnt.

Wenige Herrscher sind mit dem Roten Fort enger verbunden als der letzte der Mogulen. Bahadur Shah Zafar war ein Mystiker und Poet und er glich sein geschrumpftes Reich, das sich eigentlich nurmehr bis zu den Mauern der Roten Forts erstreckte, mit einem Reich der Sinne und Sinnlichkeiten innerhalb der Mauern aus. Allwöchentlich gab es Dichterwettbewerbe an seinem Hof und Gedichte und Gesänge in Urdu, der persischen Hochsprache der Mogulen und der Elite Delhis, wurden in den Hallen angestimmt. Die Zenanna, das Quartier der Frauen, war gut besucht, lebendig und voller Intrigen. In den Gärten gab es Fontänen und Brunnen und Wasserkanäle, auf die die aus gebirgigen Wüsten stammenden Mogulen besonder stolz waren und die als nicht zu leugnendes Zeichen von Wohlstand und Lebenslust galten. Die langen, heißen Nachmittage hießen ein Zurückziehen in vorhangverhangene Gemächern und wurden dem Opium und dem Schwelgen in Gedanken gewidmet. Es gab Intrigen, Eunuchen, Tänzerinnen, Elefanten, Ställe voller reinrassiger Pferde…nur Regierungsgeschäfte, die gab es für Shah Zafar kaum noch. Die Briten beherrschten damals den Subkontinent und tolerierten den alten Mystiker, weil er keine Bedrohung darstellte, und planten, die Mogulendynastie mit ihm endgültig zu beenden. Der Aufstand von 1857, als Sepoys, Inder im britisch organisierten Militär, revoltierten und mehrere Städte besetzten, machte Shah Zafar für einige kurze Wochen noch einmal zu einem mächtigen Mann – die revoltierenden Sepoys machten ihn zur Galionsfigur ihres Aufstandes. Tagelang schien es als könne sich die Mogulendynastie noch einmal erheben.

Der Aufstand aber wurde niedergeschlagen. Shah Zafar wurde mitsamt den überlebenden Mitglieder seiner Familie ins Exil nach Rangun geschickt wo er starb. Nach ihm war das Rote Fort, zerstört von maraudierenden Sepoys und den Kanonen der Briten, ein Lager für Provisionen und Schießpulver und häßliche Militärbarracken wurden gegenüber der fragilen Sandsteinbauten errichtet.

Bis zur Unabhängigkeit und der Partition, der von den Briten organisierten Teilung der besetzten Territorien ins muslimische Pakistan und das (nominell) hinduistische Indien, blieb Delhi von Gewalt relativ verschont.

Das Chaos von Alt-Delhi lässt sich erklären. Wenn man sich Aufzeichnungen ansieht, die Delhi vor siebzig Jahren beschreiben, dann findet man eine wohlhabende und auch schöne Stadt. Das alte Quartier sei voll gewesen von Havelis wohlhabender Familien. Havelis sind dem unerträglich heißen Klima angepasste Bauten mit fein gestalteten Fenstern, die wie ein Schleier aus Holz den Bewohnern erlauben sollten das Treiben der Strassen unentdeckt zu beobachten. Ein weitläufiger Innenhof spendete Ruhe vor dem Getümmel und hielt den Kern der Familie, das häusliche Leben, von allen neugierigen Augen verborgen. Viele der Familien, die in solchen Bauten wohnten waren Muslime, manchmal sogar alte Adelsfamilien die ihre Herkunft auf die Mogulen zurückführen konnten.

Die von den Briten bestzten Gebiete wurden, als Unabhängigkeitsbestrebungen in Indien stärker wurden und es den Briten aufgrund des Zweiten Weltkrieges unmöglich wurde, ihre Kolonien zu halten, in einen muslimischen und einen indischen Staat geteilt. Pakistan und Hindustan. Die Partition, die Teilung, wurde zur Bluttaufe der beiden Staaten – Spannungen zwischen Muslimen und Hindus waren so gewaltig, dass Millionen Menschen ihr Zuhause verlassen und überhastet fliehen mussten. Muslime aus Delhi und dem Nordwesten flohen in den Sind, nach Pakistan, und Hindus und Sikhs aus Pakistan in den Punjab und nach Delhi. Es kam zu den ersten und schlimmsten der Greueltaten, die unter der Bezeichnung communal unrest –kommunale Unruhen – das gegenseitige Morden von Hindus und Muslimen bezeichnen. Alt Delhi wurde zu einer Flüchtlingszone umfunktioniert und die alten Havelis werden heute ganz gleich den neuen Betonbauten von vielen Familien bewohnt oder sind zu Geschäften und Lagerhallen umfunktioniert worden.

Die Briten errichteten um das India Gate, im südlichen Teil der Stadt, ihr Regierungsviertel. Nach dem Erbauer, dem britischen Architekten Edward Lutyens, ist der Teil der Stadt bis heute als Lutyens‘ Delhi bekannt. Die Bungalows in denen sich früher hohe britische Beamte und Militärs mit ihren Familien vom indischen Alltag isolieren konnten, werden heute von indischen Politikern und deren Familien zum gleichen Zweck genutzt.

Rashtrapati Bhawan ist der Name des Regierungsgebäudes von Delhi. Es dominiert die Parkanlage um das India Gate, den Rajpath. Der Stil des Gebäudes zeigt etwas das den Briten in ihrer Zeit in Indien bis auf einige Ausnahmen nie gelungen ist – eine perfekte Mischung von klassischen europäischen Stilrichtungen und indisch-muslimischer Einflüsse. Die Parkanlage um den Rajpath ist tagsüber bis auf einige Rikshafahrer auf Touristenfang beinahe wie ausgestorben. Am Abend wird die Anlage belebt – Eisverkäufer und Getränkestände tauchen auf um die Familien, die hierher auf ein Picknick kommen zu versorgen. Einmal bin ich dort einer Gruppe hijras über den Weg gelaufen, aber das ist ein Thema für einen anderen Eintrag…